Thursday, November 11, 2010

Interview with Amartya Sen (in German)

The November issue of the German monthly "Cicero" has an interview with professor Amartya Sen:

"Hoffnung ist nicht utopisch"

Excerpt:
Q: Ihnen gelingt es bei Ihrer Arbeit, einen sehr realistischen Blick auf die Welt zu werfen, ohne dabei das Utopische aus den Augen zu verlieren.

A: Ich glaube, dass Realismus weder das Ablehnen noch das Akzeptieren utopischer Visionen bedeutet. Vor ungefähr 30 Jahren habe ich ein Buch über den Sachverhalt geschrieben, dass Demokratien Hungersnöte verhindern. Und das, obwohl gerade mal fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung davon betroffen sind, eine Minderheit also. Aber warum sind Demokratien dann so effektiv darin, Hungersnöte zu bekämpfen? Weil sie Informationen durch freie Medien verbreiten. Weil sich in ihnen eine Opposition bilden kann, die die Regierung unter Druck setzt. Das hat den Effekt, dass nicht nur die Betroffenen, sondern eine Mehrheit der Bevölkerung verlangt, dass es nicht zu einer Hungersnot kommen darf. Ein Resultat öffentlicher Diskussion also, nicht nur von Wahlen. Sie können die Auswirkungen eines solchen Denkens neuerdings in vielen Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas beobachten, die zu Demokratien geworden sind. Es ist also wichtig, zur Kenntnis zu nehmen, dass das, was Philosophen und Ökonomen wie ich machen, nicht irgendein utopisches Gerede ist. Zwar befindet sich in allem, was ich schreibe, ein Element der Hoffnung – aber diese Hoffnung ist keineswegs unrealistisch oder gar utopisch.

Amartya Sen is Lamont University Professor at Harvard University. His latest book "The Idea of Justice" (Harvard University Press, 2009) has been published in German by Beck Verlag,"Die Idee der Gerechtigkeit" (2010).

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