Thursday, November 25, 2010

Rainer Forst on Human Rights and Religion

In "Frankfurter Rundschau" (November 25, 2010), Professor Rainer Forst writes about human rights and religion:

"Der aufrechte Gang" [Walking upright]

Excerpts:
"Menschenrechte drücken Ansprüche aus, die kein Mensch anderen verweigern darf, wenn er sie als Personen anerkennt, die ein Recht darauf haben, nicht unterdrückt und illegitim beherrscht zu werden. Sie sind als Einsprüche gegen „unmenschliche“ und die „Menschenwürde“ verletzende Politiken und Herrschaftsstrukturen entstanden, und ihr ursprünglicher Sinn ist ein emanzipatorischer. Die Menschen-rechte haben den moralisch-politischen Sinn, Menschen das zu ermöglichen, was Ernst Bloch den „aufrechten Gang“ nannte."

"Der Universalismus ist zwar älter als das Christentum, denkt man etwa an die Lehren der Stoa, aber die vom Christentum geprägte politische Geschichte Europas stellt in der Tat den Kontext der Entwicklung der Menschenrechtsidee dar. Dabei aber muss man sehen, dass die heute oft vertretene Überzeugung, die Menschen-rechte seien eine „Errungenschaft“ des Christentums, irreführend ist. Sie waren eine Errungenschaft innerhalb des Christentums und zwar in der Regel gegen die herrschende Lehre. [......] Um es ganz verkürzt zu sagen, mussten die Dissidenten, die sich gegen eine „gottgewollte“ und religiös legitimierte Feudalherrschaft stellten, zunächst gewaltige hermeneutische und polemische Kraft aufwenden, um aus dem göttlichen Naturrecht von Gott gegebene Freiheitsrechte zu machen, um aus der Sorge um die Seele und den rechten Glauben die Gewissens- und Religionsfreiheit zu generieren und um die Idee der Gottesebenbildlichkeit so zu deuten, dass aus ihr eine Unantastbarkeit auch des Anders- und Ungläubigen wurde."


"Die Menschenrechte sprechen eine verbindliche Sprache der Moral, die sich partikular entwickelt hat; sie drücken zugleich aber auch eine allgemeine Wahrheit aus. Solange das Unrecht eine bestimmte Struktur hat, die überall auf der Welt angeprangert werden muss, solange muss auch die Moral eine solche haben. Niemand will in einer Welt leben, in der man erst eine heilige Schrift konsultieren muss, um herauszufinden, was moralisch richtig oder falsch ist."

Rainer Forst is Professor of Political Theory and Philosophy at the Johann Wolfgang Goethe University, Frankfurt am Main. His books include "Kontexte der Gerechtigkeit" (1994) [English: "Contexts of Justice" (2002)], "Toleranz im Konflikt" (2003) and "Das Recht auf Rechtfertigung. Elemente einer konstruktivistischen Theorie der Gerechtigkeit" (2007) [An English translation is coming out on Columbia University Press.]

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