In "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (February, 18), Jürgen Habermas's laudatio for the Japanese philosopher Ken'ichi Mishima:
"Er zeigt auf unseren blinden Fleck" (now available online)
Dr. Ken'ichi Mishima received an honorary doctorate degree at The Free University of Berlin on February 17, 2011.
See my post on the event here.
Excerpts:
"Gleichviel, zu wem und über welches Thema er in aller Welt spricht, er tut es immer auch als Japaner, und zwar in dem hochreflektierten Bewusstsein, dass niemand aus seiner kulturellen Haut heraus kann; aber ich bin bisher keinem Japaner begegnet, der sich unter uns Europäern, besonders unter uns Deutschen, intellektuell so bewegt, als stecke er in unserer Haut."
"Mishimas Gesellschaftstheorie ist empfindlich für die kulturelle Vielfart der Modernisierungsprozesse; zugleich hütet sie sich davor, kulturelle Überlieferungen zu geschlossenen Totalitäten aufzupreizen. Heute löst die globale Ausbreitung derselben Kommunikationsmedien, derselben Märkte, derselben administrativen und gesellschaftlichen Infrastrukturen auf ganz verschiedenen Zivilisationspfaden die gleiche, auch aus Europa bekannte Dialektik von Tradition und Moderne aus. Die Prägekraft einer selbstbewussten Aneignung der gesellschaftlichen Moderne aus jeweils eigenen kulturellen Ressourcen lässt, wenn es gutgeht, viele Modernen entstehen. In dieser Dimension bewegen sich Michimas wissenschaftliche Interessen und öffentliche Interventionen. Hier haben seine Studien ihren eigentlichen Ort."
"Zwar müssen jede Nation und jede Region einen solchen Aneignungsprozess aus eigener Kraft bewältigen, aber sie können das nur in der Kommunikation mit anderen Kulturen. Diese anstrengenden Prozesse vollziehen sich auf offener Bühne, auf der jeden beobachtet und jeder von den Beobachtungen der anderen affiziert wird. Der Selbstbild ist immer auch ein Reflex der Bilder vom eigenen im Anderen. Dieser verwirrende Echoraum ist Mishimas Forschungsterrain."
"Die Frage nach dem Zentrum von Mishimas akademischen Arbeiten könnte man damit beantworten, dass dieser produktive Geist gut in den interdisziplinären Kreis um Horkheimer gepasst hätte, freilich in der subversiven Funktion eines Querdenkers, der diesen Alteuropäern bei aller Begeisterung für deren Programm den blinden Punkt ihrer Fixierung auf die westliche Moderne zu Bewusstsein gebracht hätte".
Update:
See also Arno Widmann's reports:
"Lob des Misstrauens" (Frankfurter Rundschau)
"Lob des destruktiven Charakters" (Berliner Zeitung)
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