"Vom DM-Nationalismus zum Euro-Patriotismus? - eine Replik auf Jürgen Habermas"
Excerpts
"In seiner Rezension meines Buches „Gekaufte Zeit“ diagnostiziert Jürgen Habermas bei mir „nostalgische“ Gefühle für den guten alten Nationalstaat. Eigentlich hätte klar erkannt werden können, dass es mir nicht um den Nationalstaat als solchen geht, sondern um die demokratischen Institutionen, die er, und immer noch nur er, allen postdemokratischen Bemühungen zum Trotz denjenigen zur Verfügung stellt, die sich dem supranational organisierten Vormarsch des Neoliberalismus entgegenstellen wollen. Warum das eine „nostalgische Option“ sein soll, entzieht sich meinem Verständnis."
"Die Währungsunion erscheint ... als ein Programm zur Zwangs-vereinheitlichung der Wirtschafts- und Lebensweisen der europäischen Völker, das diese gegeneinander aufbringt und sie politisch in Nationalstaaten erster und zweiter Klasse auseinanderdividiert. In ihr kulminiert die europäische Variante der neoliberalen Immunisierung expandierender kapitalistischer Märkte gegen egalitär-interventionistische demokratische Politik, wie sie nach dem Ende der Nachkriegsordnung des demokratischen Kapitalismus zu einem weltweit dominierenden Trend geworden ist."
"Was Habermas und anderen vorschwebt, die auf eine Lösung der europäischen Krise durch eine europäische demokratische Wende hoffen, wäre nichts Geringeres als ein neuer europäischer Gründungsakt, eine Neugründung mehr oder weniger ab ovo, damit ein Sprung aus der Geschichte der letzten drei Jahrzehnte, der die in Europa gewachsenen supranationalen Institutionen durch revolutionären Beschluss innerhalb derselben fundamental umkrempeln würde – als ob das, was ist und geworden ist, nicht machtvoll mitreden würde, wenn es darum geht, was in Zukunft aus ihm werden soll."
"Auch eine noch so demokratische supranational-europäische Demokratie wäre [....] wertlos, wenn das Verhältnis zwischen ihren Institutionen und den Märkten, insbesondere den Finanz- und Arbeitsmärkten, zwischen Politik und Wirtschaft, zwischen Demokratie und Kapitalismus so bliebe, wie es in den letzten Jahrzehnten geworden ist."
See:
* Habermas's review of Wolfgang Streeck's book
* A preview of Wolfgang Streeck's book
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