"Überschwang und Misere. Habermas über "europäische Solidarität""
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Mit seinem Appell an die Solidarität möchte Habermas sich keine "Verwechslung von Politik mit Moral" zuschulden kommen lassen. (Er korrigiert in einer Fussnote eine einschlägige frühere Auffassung.) Solidarität ist danach etwas, was nicht von allen und nicht mit Blick auf alle gefordert werden kann, sie kann also nicht "kategorisch", nicht moralisch eingeklagt werden. Ebenso wenig lässt sie sich rechtlich erzwingen. Sie erwächst jedoch als Verpflichtung innerhalb von Schicksalsgemeinschaften, die eine Lebensform teilen und auf sozusagen interessierter Gegenseitigkeit beruhen. Der begriffsgeschichtliche Rückblick auf das Konzept der Solidarität offenbart es als seinerseits europäisches: als eine Verbindung des – auch bei Heinrich Heine anklingenden – "Erbes der auf Erlösung oder Emanzipation gerichteten jüdisch-christlichen Brüderlichkeitsethik" mit einem "Republikanismus römischer Herkunft".
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