Saturday, July 20, 2013

Stefan Müller-Doohm reviews Habermas's new book

In "Süddeutsche Zeitung" (July 17, 2013), Stefan Müller-Doohm reviews  "Im Sog der Technokratie" (Suhrkamp Verlag, 2013) by Jürgen Habermas:

"Eine zerrissene Union an der Schwelle"
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Excerpts
"Die erwähnte Kombination publizistischer Eingriffe mit sozialtheoretisch und politikwissenschaftlich ausgewiesenen Begründungen zählt zu den Hauptgründen, weshalb Habermas als public intellectual Gehör findet: Weil er sich, bevor er sich mit seinen Deutungen zu Wort meldet, mit the state of the art des jeweils behandelten Gegenstandes vertraut macht und auf dieser Basis seine Argumente als „Beihilfe zum fortlaufenden Prozess der öffentlichen Meinungsbildung“ vorträgt. Man kann das durchaus als den Schritt von der Diskursethik zur Diskurspraxis verstehen und darin ohne zu lobhudeln ein Alleinstellungsmerkmal von Habermas in der Arena politischer Kontroversen sehen." [.....]

"Neben der Frage, wie sich die in religiösen Weltbildern aufgehobenen Erfahrungsgehalte und normativen Widerstandspotenziale gegenüber den hegemonialen Ansprüchen szientistisch-naturalistischer Weltdeutungen retten lassen, treibt den 84-Jährigen gegenwärtig eine zweite Thematik um: Wie kann der Existenzkrise der EU begegnet werden? Wie lässt sich aus der Krise heraus eine transnationale Demokratie entwickeln und stabilisieren? Der Kern seiner Antwort: Vor allem anderen bedarf es wirksamer Gegenkräfte gegen den mächtigen Sog der Technokratie; eine dieser Gegenkräfte besteht in einer bewusstmachenden Kritik, von der Habermas hofft, dass sie die Bürger zu mobilisieren vermag.

Aus diesem Grund nutzt er seine Dankesrede aus Anlass der Verleihung des Heinrich-Heine-Preises, um die Brisanz der Euro-Krise zu thematisieren. Die Intellektuellen in der Tradition von Heine müssten sich heute eigentlich scharenweise zu Europa äußern und den Kleinmut der politischen Elite kritisieren. Habermas tut das: "Wir alle ducken uns unter den Forderungen der Finanzmärkte und bestätigen durch Stillhalten die scheinbare Ohnmacht einer Politik, die die Masse der Steuerbürger anstelle der spekulierenden Anleger für den Schaden der Krise zahlen lässt." Was Habermas mit Emphase über Heine äußert, könnte auch als Selbstbeschreibung seiner eigenen Intellektuellenrolle gelesen werden – wenn es etwa heißt, Heine sei ein "mentalitätsprägender Tribun" gewesen. "Und der polarisiert seine Leser, weil er seine Schriften schon in der Erwartung dissonanter Reaktionen verfasst.""

Stefan Müller-Doohm is Professor Emeritus at Oldenburg University. He is the author of "Adorno. Eine Biographie" (Suhrkamp Verlag, 2003) [English: "Adorno" (Polity Press, 2008)] and "Jürgen Habermas. Leben, Werk, Wirkung" (Suhrkamp Verlag, 2008). He is working on an extensive Habermas biography, which will come out on Suhrkamp Verlag in 2014.

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