Sunday, June 14, 2009

Benhabib on cosmopolitical democracy

In "Neue Zürcher Zeitung" (June 13, 2009):

Seyla Benhabib (Yale University) -
"Unterwegs zu einer kosmopolitischen Demokratie?
Die Kontroverse um internationales Recht und demokratische Souveränität".

Excerpt:
"Transnationales Recht schafft umfassende wechselseitige Abhängigkeiten zwischen den Nationen und drängt diese immer weiter in die Richtung von Strukturen des Global Governance. Das Weltstaatensystem ist zwar keine perfekte Kooperation nach definierten Regeln der Gerechtigkeit, aber die zwischenstaatlichen Beziehungen gestalten sich auch nicht aufgrund von «blossen vertraglichen Verpflichtungen», wie Thomas Nagel behauptet hat. Das globale System wechselseitiger Abhängigkeiten ist dicht genug, um Beziehungen der Gerechtigkeit zu befördern, die wohl schwächer sind als diejenigen in Nationalstaaten, aber gewiss stärker als die, die in dem Weltbild der Souveränitätsverfechter vorkommen.

Trotz diesen Entwicklungen – oder vielleicht ihretwegen? – gibt es auch eine Vervielfachung von «Zonen ausserhalb des Rechts», von rechtsfreien Räumen. Von der Verbringung «feindlicher Kämpfer» an unbekannte Orte aufgrund einer Kooperation zwischen der US-Regierung und europäischen Regierungen bis zur Entstehung der maquiladoras in Zentral- und Südamerika sowie zu den freien Wachstumszonen in China und Südostasien – um den Niedergang des Staates überall in Afrika gar nicht erst zu erwähnen – ist auch ein Prozess der «Entrechtlichung» im Gange. Es sind Versuche, die Verbreitung globalen Rechts zu verhindern und zu diesem Zweck Enklaven der Gesetzlosigkeit einzurichten, in denen den Menschen das «Recht, Rechte zu haben» (wie Hannah Arendt es formuliert hat) verweigert wird. – Ich habe keine fertige Erklärung dafür, warum Prozesse der Konstitutionalisierung und der Entrechtlichung in der Weltgesellschaft derzeit nebeneinander ablaufen. Aber ich möchte darauf bestehen, dass die Instrumente kosmopolitischer Normen wichtig sind, um jede Entrechtlichung zu bekämpfen."

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