Sunday, October 19, 2014

New article by Habermas in "Der Staat"

The new issue of "Der Staat" (vol. 53 no. 2) features a new article by Jürgen Habermas:

Zur Prinzipienkonkurrenz von Bürgergleichheit und Staatengleichheit im supranationalen Gemeinwesen
Eine Notiz aus Anlass der Frage nach der Legitimität der ungleichen Repräsentation der Bürger im Europäischen Parlament.

Abstract:
"Prima facie verletzt eine degressiv proportionale Sitzverteilung im Europäischen Parlament das Prinzip der politischen Gleichheit. Das Argument, mit dem ich diesen Widerspruch auflösen möchte, stützt sich darauf, dass die stärkere Berücksichtigung des Prinzips der Staatengleichheit auf den legitimen Willen einer an der Wurzel geteilten konstituierenden Gewalt zurückgeht. In der konkurrierenden Gesetzgebung von streng repräsentativ zusammengesetzten Ersten und Zweiten Kammern käme das stärker gewichtete Prinzip der gleichen Repräsentation der Staaten nicht hinreichend zum Zuge. Daher muss das Prinzip auf beide Institutionen durchgreifen. Dieser auf den ersten Blick demokratieunverträgliche Durchgriff lässt sich damit rechtfertigen, dass die „Aufstufung“ der distributiv allgemeinen Gesamtheit europäischer Bürger durch die Bevölkerungskollektive der beteiligten Staaten selbst demokratisch gerechtfertigt ist."

Friday, October 17, 2014

Neues Buch: Herta Nagl-Docekal - "Innere Freiheit"


Innere Freiheit
Grenzen der nachmetaphysischen Moralkonzeptionen

von Herta Nagl-Docekal 

(De Guyter, 2014)

237 Seiten



Kurzbeschreibung

Zentrale Werke der nachmetaphysisch orientierten Sozialphilosophie bestimmen Moral in einer rechtstheoretisch verkürzten Weise, indem sie dem äußeren, reziproken Rechtfertigungsdruck maßgebliche Relevanz beimessen, und beziehen die Logik des Vetrags auch auf das ‚Wir‘ persönlicher Beziehungen. Damit bleiben signifikante Aspekte des Moralischen unterbelichtet. Im Rekurs auf Kant und Hegel lassen sich dagegen Elemente für eine angemessenere Auffassung gewinnen: Wird Autonomie im Sinne von Kants Konzeption der inneren Freiheit als Selbstgesetzgebung bestimmt, tritt die Verpflichtung der Zuwendung zur Individualität der anderen hervor – primär die Pflicht des Zuhörens, die auch globale Relevanz besitzt –, und die Vermittlung von Moral und Glück stellt sich in einer subtileren Weise dar, als die gängige Rigorismuskritik annimmt. Von Hegel her kommt in Sicht, wie die Idee der ‚wahren Liebe‘ in einer für heutige Geschlechterbeziehungen plausiblen Form formuliert werden könnte. Vor diesem Hintergrund kann auch das Verhältnis von Moral, Recht und Religion anders durchdacht werden als in jenem Diskurs, der eine Gleichsetzung von Vernunft und säkularem Denken vornimmt, und die Frage der religiösen Pluralität im liberalen Verfassungsstaat erscheint in neuem Licht.

Inhalt [pdf]

Einleitung

Teil I: Moral oder soziale Freiheit?
1.1 Eine kontraktualistische Moralkonzeption [Auszug]
1.2 Moderne Intimbeziehungen

Teil II: Zuwendung zu Individuen
2.1 Autonomie und Alterität
2.2 Moralische Aufrichtigkeit
2.3 Liebe in ‚unserer Zeit‘ 

Teil III: Religion jenseits nachmetaphysischer Disjunktionen
3.1 Der Ort von Religion 
3.2 Die Utopie der Einheit von Kunst und Natur 
3.3 Religiöse Pluralität im modernen Rechtsstaat 
3.4 Aufklärung und Religion bei Habermas und Hegel

Wednesday, October 15, 2014

Lectures by Onora O'Neill on Human Rights

On May 8, 2014, Onora O'Neill gave a lecture at the University of Southampton on the question "Can Human Rights Be Justified?".



See also her Edmund Burke Lecture in Dublin on "What Would Edmund Burke Think of Human Rights?" (April 12, 2014).



You can hear a podcast of her Isaiah Berlin Lecture on "Human Rights and Pluralism" at the University of Oxford, May 22, 2014, here.

Onora O'Neill is the author of "Acting on Principle. An Essay on Kantian Ethics" (Cambridge university Press, 2nd edition, 2013), "Bounds of Justice" (Cambridge University Press, 2000), and "Constructions of Reason. Explorations of Kant's Practical Philosophy" (Cambridge University Press, 1990). She is currently Chair of the Equality and Human Rights Commission in the UK.

Monday, October 13, 2014

Conference in Beijing on "Publicity and Public Sphere"

An international conference on "Publicity and Public Sphere" was held in Beijing on October 8-10, 2014. 

Among the participants were Hauke Brunkhorst (Frensburg), Robin Celikates (Amsterdam), Han Shuifa (Beijing), Rahel Jaeggi (Berlin), Hans Feger (Berlin), Regina Kreide (Grießen), Heiner Roetz (Bochum), Günter Zöller (München), and Stephan Gosepath (Berlin).

Papers were presented on topics like "Public Sphere and Globalization", "Democracy as a Form of Life", "Pluralism, Autonomy and Public Deliberation", and "The Open Society".

See the abstracts here [pdf].

Excerpts from a report by Mark Siemons in "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (October 13, 2014):

"In den Vorträgen gebrauchten mehrere chinesische Teilnehmer wie Jiang Yi von der Beijing Normal University das „alte China“, das keinen Öffentlichkeitsbegriff gekannt habe, als Abwehrformel. Und im Diskussionsteil attackierten einige der chinesischen Disputanten das Öffentlichkeitskonzept rundheraus als eine westliche Utopie, für die es in der chinesischen Tradition keine Entsprechung gebe. Keine dieser Stimmen nahm freilich auf einen der Vorträge Bezug, und keine reagierte anschließend auf die Erwiderungen, so dass der Eindruck einer bloßen Loyalitätsbekundung fürs Protokoll entstand. Mehrere deutsche Teilnehmer wie der Soziologe Hauke Brunkhorst und der Sinologe Heiner Roetz suchten in diesem symbolischen Ringen unterdessen nach Beispielen dafür, wie sich Chinesen auf das Öffentlichkeitsprinzip beriefen. Roetz, der in seinem Vortrag zeigte, dass China schon in der Achsenzeit Ansätze einer offenen Gesellschaft kannte, fürchtete, dass sich ein postdemokratischer Diskurs des Westens mit einem vordemokratischen in China verbinden könnte. 

Doch am Abend wehte ein anderer Wind. Han Shuifa von der Peking-Universität, der zuvor die Demokratisierung gefordert hatte, sagte, der Schutz der Öffentlichkeit sei nicht bloß ein Maskenwechsel wie bei der Sichuan-Oper, sondern verlange eine grundlegende Mentalitätsänderung. Dass er dies mit der Hoffnung auf das bevorstehende Vierte Plenum der Kommunistischen Partei verknüpfte, sollte wohl signalisieren, dass er die Begriffe nicht in Opposition zur Parteiherrschaft versteht, sondern innerhalb des durch sie gesetzten Rahmens. Viel Beifall bekam auch der Moralphilosoph Deng Xiaomang (Wuhan), der in China durch seinen öffentlichen Streit mit einem maoistischen Kollegen bekannt ist. Er zitierte mehrfach Staatspräsident Xi Jinping mit dessen Forderung, die Macht müsse im Käfig der Gesetze eingesperrt werden. Doch er sagte auch, dass die Verfassung in China nicht ausreichend definiert sei, so dass Leute, die bloß ihren Unmut äußern, Gefahr liefen, verhaftet zu werden. 

In der Diskussion meldeten sich viele Studenten freimütig zu Wort, die danach fragten, wie das klappen kann mit dem Schutz der Meinungsäußerung, mit einer funktionierenden Judikative, mit dem Einsperren der Macht. Das Zentrum der Anti-Öffentlichkeit – die Partei und ihre verschiedenen Geheim-haltungsringe – wurde hier nicht diskutiert. Doch der Schutzraum des durch die Partei legitimierten Sprachgebrauchs wurde zur Verhandlung von Themen genutzt, die weit über diesen hinausgingen. Man darf aus dem Schweigen, das einem aus der streng kontrollierten Öffentlichkeit des Festlands etwa zur Unterstützung Hongkongs entgegendröhnt, nicht schließen, dass die demokratischen Sehnsüchte in China verstummt sind."

Friday, October 10, 2014

Colloquium with Habermas in Paris, October 29-30-31

An international colloquium with Jürgen Habermas in Paris on October 29-30-31, 2014:

"Les perspectives de la démocratie face aux transformations du capitalisme: un dialogue avec Jürgen Habermas" [pdf]

Programme

October 29 (Sorbonne)

1. Héritages et ruptures théoriques

Albrecht Wellmer - "Des formes de Théorie critique."
Emmanuel Renault - "Travail et interaction. Origines et implications d’une distinction."
Jean-Marc Durand-Gasselin - "La théorie de l’apprentissage et la place de la critique chez Habermas."
Katia Genel - "Critique de la domination et théorie de la démocratie."

2. Critique, rationalités et politique

Geminello Preterossi - "Habermas and the Political."
Isabelle Aubert - "Le langage des droits."
Maeve Cooke - "Autonomy and Authority."
Clotilde Nouët - "La catégorie d’‘espace public’ ouvre-t-elle un accès à la réalité sociale?"
Rainer Forst - "Power and Discourse."

October 30 (Maison Heinrich Heine)

3. Sociétés : mentalités, droit et politique

Klaus Günther - "Geteilte Souveränität, Nation und Rechtsgemeinschaft."
Francesca Raimondi - "An politische Freiheit gewöhnt"? 
Esther Lea Neuhann - "Das subjektive Recht auf Politik und das Problem der sozialen Beschleunigung."
Jean-François Kervégan - "Pensons-nous vraiment de manière post-métaphysique?"

4. Mutations sociales: crises, capitalisme et communication

Olivier Voirol - "Habermas et les médias."
Edmond Yao Kouassi - "Habermas et la ressource de la solidarité face aux mutations africaines de la démocratie."
Pinar Karaoglu - "Democracy and Capitalism in Habermas’s Faktizität und Geltung."
Estelle Ferrarese - "Activité communicationnelle et capitalisme."
Nancy Fraser - "Legitimation Crisis?"

October 31 (l’Institut Goethe de Paris)

5. Les coordonnées de la mondialisation – le cas de l’Europe

Jürgen Habermas - "Der Ausbau der Europäischen Union zu einer transnationalen Demokratie. Warum er nötig und wie er möglich ist?"
Daniel Innerarity - "The inclusion of the Other Europeans. Traveling with Habermas through Europe and beyond."
Catherine Colliot-Thélène - "L’Europe est-elle démocratisable?"

6. Espaces publics, ambivalences de la modernité et globalisation

Gérard Raulet - "Habermas et les mutations de l’espace public."
Alexandre Dupeyrix - "Le dialogue entre croyants et non-croyants."
Khaldoun Alnabwani - "La problématique de la modernité chez Habermas."
Valéry Pratt - "Droit international et démocratie."
Yves Sintomer - "Comment penser l’espace public dans le cadre de l’histoire globale?"

(Thanks to Valéry Pratt for the pointer!)


Monday, October 06, 2014

Colloquium on "Faktizität und Geltung" in Graz, Austria

International colloquium on Jürgen Habermas's "Faktizität und Geltung" (1992) at the University of Graz, Austria, on October 9-11, 2014.

Lectures:

Peter Koller - 
"Recht als Kategorie der gesellschaftlichen Vermittlung zwischen Faktizität und Geltung"

Otfried Höffe - 
"Soziologische Rechts- und philosophische Gerechtigkeitskonzepte"

Klaus Günther - 
"Zur Rekonstruktion des Rechts: Das System der Rechte"

Robert Alexy - 
"Unbestimmtheit des Rechts und Rationalität der Rechtsprechung"

Dieter Grimm - 
"Justiz und Gesetzgebung. Zur Rolle und Legitimität der Verfassungsrechtsprechung"

Elisabeth Holzleithner - 
"Paradigmen des Rechts"

Christian Hiebaum - 
"Recht und Moral (Habermas's Tanner Lectures 1986)" 

Hasso Hofmann - "Volkssouveränität als Verfahren"

More information here [pdf].

Saturday, October 04, 2014

New Book: "Majority Decisions"



Majority Decisions
Principles and Practices

Ed. by Stéphanie Novak & Jon Elster

(Cambridge University Press, 2014)

258 pages



Description

This book presents the most complete set of analytical, normative, and historical discussions of majority decision making to date. One chapter critically addresses the social-choice approach to majority decisions, whereas another presents an alternative to that approach. Extensive case studies discuss majority voting in the choice of religion in early modern Switzerland, majority voting in nested assemblies such as the French Estates-General and the Federal Convention, majority voting in federally organized countries, qualified majority voting in the European Union Council of Ministers, and majority voting on juries. Other chapters address the relation between majority decisions and cognitive diversity, the causal origin of majority decisions, and the pathologies of majority decision making. Two chapters, finally, discuss the counter-majoritarian role of courts that exercise judicial review. The editorial Introduction surveys conceptual, causal, and normative issues that arise in the theory and practice of majority decisions.

Contents [pdf] [preview]

1. Introduction [pdf] - Stéphanie Novak & Jon Elster
2. Putting Faith to the Ballot - Olivier Christin
3. Nested Majorities [paper] - Jon Elster
4. The Issue of Majority in a Federal System [paper] - Olivier Beaud
5. The Reception of Social Choice Theory by Democratic Theory [paper] - Gerry Mackie
6. What Should 'Majority Decision' Mean? [paper] - Michel Balinski & Rida Laraki
7. The Force of Majority Rule [paper] - Adrian Vermeule
8. The Tyranny and Brutality of Majority Rule - Jon Elster
9. Two Effects of a High Threshold of Qualified Majority - Stéphanie Novak
10. Democracy, Judgment, and Juries [paper] - Melissa Schwartzberg
11. Majority Rule in Constitutional Democracies [paper] - Pasquale Pasquino
12. The Majoritarian Threat to Democracy - Samuel Issacharoff.

Friday, October 03, 2014

Habermas in Rotterdam, October 23

On October 23, 2014, Jürgen Habermas will give a lecture in Rotterdam on "How Europe faces the challenge of transnationalising democracy".

"In his lecture Habermas will elaborate on the question whether and how a democracy can be established that is not grounded in a nation-state. The European Union is a construct that is at once supranational and situated above the organisational level of a state. However, this construct is not supposed to enjoy either a monopoly on the legitimate use of force or ultimate decision-making authority. Can  such a union satisfy the standards of democratic legitimacy that we are familiar with from nation-states?"

Further information here.