The Canadian philosopher Charles Taylor congratulates Jürgen Habermas on his 80th birthday:
Das leuchtende Beispiel
(Süddeutsche Zeitung, June 18, 2009)
Excerpt:
"Nur zu schreiben, zu lehren und philosophisch zu diskutieren, war ihm nie genug. Unermüdlich und mit großem Mut hat er immer auch an den bedeutenden Debatten der Zeit teilgenommen. Am deutschen "Historikerstreit" etwa oder - in der jüngeren Vergangenheit - an den Debatten zum "Krieg gegen den Terrorismus" oder zur Zukunft Europas. Man kann wohl guten Gewissens sagen, dass Theorie und Praxis in Habermas' Denken eine organische Verbindung eingehen. Als Demokratietheoretiker und als Verfechter eines offenen, herrschaftsfreien Diskurses muss er intervenieren, wenn seine zentralen Werte in Gefahr zu geraten drohen.
So lebt er seine Philosophie, leidenschaftlich und unbestechlich. Es ist auch diese beherzte und konsequente persönliche Haltung, die bei Kollegen und in der Öffentlichkeit einen tiefen Eindruck hinterlassen hat. Nicht nur in Deutschland und Europa, auch weltweit.
Wir müssen uns heutzutage wohl längst Sorgen um den öffentlichen Intellektuellen machen. Er scheint eine gefährdete Spezies zu sein. Einerseits droht seine Rolle umso trivialer zu werden, je mehr offene Briefe aus immer nichtigeren Anlässen zirkulieren, die nur allzu leicht zu unterzeichnen sind. Andererseits wird der Intellektuelle in der Politik mehr und mehr vom hochspezialisierten Experten ersetzt, der über die Verwendung seiner Expertise kaum noch selbst verfügen kann.
In einer solchen Welt bleibt Jürgen Habermas das leuchtende Beispiel eines Mannes, der die Rolle des Bürgers und die des Philosophen in überragender Weise vereint. Wir stehen alle in seiner Schuld, ob wir nun in demokratischen Ländern leben oder nicht. Er ist eine Inspiration für uns alle. Nicht zuletzt deshalb wünsche ich ihm zum 80. Geburtstag noch viele produktive Jahre".
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