"Ein Gespräch über Heimat, Europa und die Zukunft"
(Kölnische Rundschau online, July 8, 2019)
Excepts:
Q: Womit kann man Ihnen eine Freude machen, wenn man Sie heute beschenken möchte?
A: "Am meisten habe ich mich gefreut, als mir meine Kinder vor Jahrzehnten bei einem runden Geburtstag einen Maulwurf aus Stoff schenkten – sie hatten mich bei meinem vergeblichen Kampf gegen die Maulwürfe im Garten beobachtet. Wie schon Marx wusste, ähnelt das Denken der Philosophen am ehesten der unterirdischen Wühlarbeit dieser Tiere. Sie sind blind, erkennen aber Widerstände und geben trotzdem nicht auf."
Q: In Ihrem Studium haben Sie sich mit Philosophie, Geschichte, Psychologie, deutscher Literatur und Ökonomie befasst. Was war damals eigentlich Ihr Berufswunsch?
A: "In meinem Abiturzeugnis habe ich „Journalist“ als Berufswunsch angegeben. Ich hatte schon während der letzten Jahre auf dem Gymnasium Film- und Theaterkritiken geschrieben; das habe ich als Student etwas professioneller bei Otto Vormstein auf der Lokalredaktion des „Kölner Stadtanzeigers“ fortgesetzt. Für Philosophie, Psychologie und Genetik habe ich mich schon früh interessiert; aber es wäre Größenwahnsinn gewesen, mit dem Ziel zu studieren, später einmal Professor zu werden."
Q: Welchen Stellenwert haben Religion, Kirche und Glauben in Ihrem Leben?
A: "Ich bin nicht religiös, aber wenn ich die Diskussionen des hohen Mittelalters verfolge oder Luther lese, denke ich manchmal, ich wäre auch ein guter Theologe geworden."
Q: Die Europawahl ist gerade vorbei. Sie gelten als Anhänger eines großen Europa. Wenn Sie sich an Ihrem Geburtstag wünschen könnten, wie Europa in zehn oder 20 Jahren ausschaut, was würden Sie sagen?
A: "Ich glaube, dass die wachsende wirtschaftliche und soziale Ungleichheit innerhalb der Mitgliedsländer der Währungsgemeinschaft und vor allem zwischen ihnen ein Sprengsatz ist, der nur durch eine politische Euro-Union und eine engere Kooperation auch auf den Gebieten der Fiskal-, Wirtschafts- und Sozialpolitik entschärft werden kann. Für die Hauptursache halte ich den rücksichtslosen Wirtschaftsegoismus, den die Bundesrepublik mit unschuldigem Augenaufschlag seit 2010 betreibt.
Wenn man dem dramatischen Verfall der Kooperationsbereitschaft und der politischen Kultur in Europa weiter zuschaut, kann der Moment der Wahrheit erst eintreten, wenn die Rechtspopulisten die Mehrheit in Parlament und Rat übernehmen und beim Versuch, die EU abzuwickeln, feststellen müssen, dass sie es gar nicht können – weil sie sehen, dass der Schaden zu groß wäre."
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