Tuesday, July 06, 2021

Rudolf Langthaler: Kritische Anmerkungen zu Habermas’ Kritik der kantischen Religionsphilosophie


Führt Moral unumgänglich zur Religion?

Zur Kritik der Kantischen Religionsphilosophie bei Jürgen Habermas - eine Entgegnung

von Rudolf Langthaler

(Verlag Karl Alber, 2021)

494 Seiten


Kurzbeschreibung

Im Kontext des Themas „Nachmetaphysisches Denken und Religion“ hat Jürgen Habermas auch der kantischen Religionsphilosophie wiederholt besondere Aufmerksamkeit gewidmet und darin geradezu eine „Wegscheide nachmetaphysischen Denkens“ erkannt. Seine Interpretation und Kritik der Kantischen Religionsphilosophie, die vor allem das Verhältnis von „Glauben und Wissen“ umkreist, ist Thema des Buches. Im ersten Teil sollen jene grundlegenden begrifflichen Differenzierungen der kantischen Moraltheorie, seiner Ethik und Religionsphilosophie vergegenwärtigt werden, die in Habermas‘ Kant-Kritik eine besondere Rolle spielen. Im zweiten Teil wird Habermas‘ Interpretation und Kritik an Kants Religionsphilosophie ausführlich und textnah behandelt. Alle einschlägigen Stellungnahmen Habermas‘ zu Kant sollen dabei ausführlich berücksichtigt werden.

"Gewidmet ist dieses Buch Jürgen Habermas: In großer Bewunderung für sein überaus beeindruckendes wissenschaftliches Lebenswerk sowie für sein öffentliches Engagement als kritischer "zeutdiagnostischer" Intellektueller - jedoch in ehrerbietendem Widerspruch mit Blick auf Kant" [S. 24] 


Inhalt [Leseprobe]

Vorwort

I. Teil: Zu den von Habermas kritisierten religionsphilosophischen Lehrstücken Kants

1. Das »höchste Gut« innerhalb der »Ordnung der Begriffe von der Willensbestimmung«

2. Die »strengste Forderung der praktischen Vernunft« als die (auf das »höchste [vollendete] Gut« bezogene) »moralisch konsequente Denkungsart«: Eine »mit der Pflicht als Bedürfnis verbundene [!] Notwendigkeit, die Möglichkeit dieses höchsten Guts vorauszusetzen«

3. Kants Unterscheidung zwischen »moralischer« und »moralisch konsequenter Denkungsart« und das daraus erwach(s)ende »moralisch gewirkte Bedürfnis« der »fragenden Vernunft«. Das in dem »moralischen Wunsch« leitende »Interesse der Vernunft an sich selbst«

4. Die im Kontext der »moralisch konsequenten Denkungsart« erfolgte Begründung der »Vernunftpostulate«: Die moralisch notwendige »Annehmung« des Satzes, »dass ein Gott sei«

5. Das in der »moralisch konsequenten Denkungsart« bestimmende »Bedürfnis der fragenden Vernunft« im Kontext der »authentischen Theodizee« und Kants Idee der »Strafwürdigkeit«

II. Teil: Habermas versus Kant – Kant versus Habermas: Kritische Anmerkungen zu Habermas’ Kritik der kantischen Religionsphilosophie

Vorbemerkung: Von Habermas wiederholt kritisierte »metaphysische Hintergrundannahmen« der kantischen Postulatenlehre. »Konkretisierung der Transzendentalität« statt »Detranszendentalisierung«?

1. Zu Habermas’ Kritik an dem von Kant angeblich unausgewiesenen »transzendentalen Faktum der Vernunft«: Die Problematisierung desselben als ein »transzendentales Faktum der Pflicht«

2. Habermas’ Kritik an den kantischen »Vernunftpostulaten« und an der – moralisch notwendigen – Verankerung der postulatorischen »Annehmung« des Satzes, »dass ein Gott sei«

3. Habermas’ grundlegender Einwand: Die gebotene »Beförderung des höchsten Gutes« – eine »zusätzliche« »problematische«, weil »überschwängliche« »Superpflicht«?

4. Eine weitreichende Konsequenz aus Habermas’ verkürzter Wahrnehmung dieser »Willensbestimmung von besonderer Art«

5. Ein Blick auf Habermas’ Bezugnahme auf Kants Geschichtsphilosophie

6. Zu Habermas’ Interpretation der kantischen »Reich Gottes«-Idee (a.) und des »ethisch gemeinen Wesens« (b.); der dieses »ethische Gemeinwesen« beseelende »Geist« (c.)

Schlussbemerkung

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"Führt Kant den Vernunftglauben in der Absicht ein, die Motivationsschwäche der abstrakten Vernunftmoral auszugleichen und »der moralischen Denkungsart« eine »feste Beharrlichkeit« zu sichern? Oder dient die derart erweiterte Moraltheorie ihrerseits zur Begründung einer christlichen Glaubenssubstanz, die mit den Verheißungen sowohl der Unsterblichkeit der individuellen Seele wie auch der rettenden Gerechtigkeit eines in die Geschicke der Welt eingreifenden Gottes über den kargen Aussage gehalt des zeitgenössischen Deismus hinausschießt? Dieser zweiten Interpretationslinie folgt Rudolf Langthaler, der als ein hervorragender, in die kleinsten Textfalten sensibel eindringender Kenner der kantischen Philosophie ausgewiesen ist, in einer eindringlichen Studie mit Nachdruck [Rudolf Langthaler, Geschichte, Ethik und Religion im Anschluss an Kant (Berlin, 2014)]. In der Art eines an Benjamin und Adorno geschulten close reading entfaltet er eine nuancenreiche »Perspektive zwischen skeptischer Hoffnungslosigkeit und dogmatischem Trotz«; die Lesart, die er begründet, soll dem »Bedürfnis der Vernunft«, das durch eine spröde Lektüre der Kantischen Moralphilosophie unbefriedigt bleibt, Genugtuung verschaffen. (.....)"

(Jürgen Habermas, Auch Eine Geschichte der Philosophie (Berlin, 2019), Bd. II, S. 353-354.)

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Siehe auch:

Rudolf Langthaler - Nachmetaphysisches Denken? Kritische Anfragen an Jürgen Habermas (Berlin: Duncker & Humblot, 1997)

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